Tage

12
Feb
2009

Haiku-Renaissance

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich - im Zusammenhang mit dem Bloggen und dem Versenden von öffentlichen Kurznachrichten ('Twittern') - mit möglichen Folgen für Literaturformen. Zum Beispiel stellt sich die Frage, ob große Formate wie der Roman oder längere Erzählungen in einer solchen 'Zukunft' aussterben müssen wie die Dinosaurier.

Dass auf der anderen Seite die literarischen Gattungen auch eine Bereicherung erfahren können, zeigt eine der vielen überraschenden Anwendungsmöglichkeiten von Twitter: nämlich die uralte Form des Haiku zu beleben.

Im deutschsprachigen Raum hat das Haiku üblicherweise das Silbenmuster 5-7-5, verteilt auf drei Zeilen. Es ist leicht zu erkennen, dass die Prämisse einer Twitter-Anwendung: nicht mehr als 140 Zeichen! der Haiku-Form in idealer Weise entgegen kommt.

Man sollte sich einmal die 'Praxis' anschauen: zum Beispiel indem man unter Twitter oder der sehr nützlichen Anwendung TweetDeck , die Suchfunktion nutzt und den Suchbegriff #haiku eingibt. Man wird überrascht sein, wie viele Haikus aus der ganzen Welt man - ständig aktualisiert - geliefert bekommt.

Siehe auch Shakespeare twittern

11
Feb
2009

Die Lust zu schockieren

Auf FAZ.NET ist ein sehr interessantes Interview mit Peter Gay zu finden über seinen kunsthistorischen Versuch, die Bedeutung, das Wesen, die Faszination der 'Moderne' zu beschreiben. Das Gespräch führte Johanna Adorjan.

Peter Gay war Professor in Yale. Er wurde als Kind jüdischer Eltern in Berlin geboren und musste mit 16 Jahren vor den Nazis fliehen. Er gilt als einer der bedeutendsten Kulturhistoriker.

Seine zentrale Antwort auf die Frage, was macht die Moderne ausmacht, lautet: "...den Reiz der Häresie, also die Lust zu schockieren, etwas Neues, Ungesehenes, Ungehörtes zu wagen. Und bedingungslose Selbsterforschung, Subjektivität."

Das Interview hier

Peter Gay: „Die Moderne - Eine Geschichte des Aufbruchs“. S. Fischer, 653 Seiten, 24,90 Euro

9
Feb
2009

Gedichte für Kinder

Der Niederländer Edward van de Vendel hat ein Buch mit Gedichten für Kinder geschrieben, das sehr gelobt wird. Es heißt Superguppy. Gedichte für neugierige Kinder. (Ab 6 Jahre). Das könnte ein Wachstumsmarkt werden.

8
Feb
2009

Jüdische Lebenswelten

Natürlich schaue ich nur aus beruflichem Interesse ;-) zum soundsovielsten Male Ivanhoe, einen der farbenprächtigsten Ritterfilme (USA 1952, Richard Thorpe). Gesendet wird immerhin bei ARTE. Warum? Weil der verdienstvolle Sender einige Themenabende über jüdisches Leben bringt. In Ivanhoe (nach dem Roman von Sir Walter Scott, der in dem Sagenkreis um König Löwenherz und Robin Hood angesiedelt ist) spielen ein reicher jüdischer Kaufmann und seine schöne Tochter ('der damals überirdisch schönen Elizabeth Taylor') eine wichtige Rolle.

Wer mehr für Non-Fiction ist: Danach sendet ARTE eine Doku über Juden im Rheinland im Mittelalter. Das mag vielen trocken klingen - aber man kann immer wieder erstaunt und beschämt sein, wie tief die Geschichte dieses Landes mit jüdischer Geschichte verwoben ist.

Warum ich das hier erwähne? Weil - wie in einer Reihe meiner bisherigen Arbeiten - auch in dem Roman 'Reichstage' die Tradition jüdischen Lebens (und Sterbens) in Deutschland eine wichtige Rolle spielt - wenn auch ganz anders als bisher.

Max Ernst

Am späten Nachmittag ein Besuch im Max Ernst-Museum in Brühl, südlich von Köln. Max Ernst, ein Sohn der Stadt, ist zweifellos einer der großen deutschen Maler und Bildhauer des 20. Jh. Das noch relativ junge Museum liegt ganz in der Nähe von Schloss Augustusburg. Immerhin ein Unesco-Weltkulturerbe. Ein Tip für einen schönen Sommertag: zuerst in das anregende Museum, dann zu einem Spaziergang mit Picknick in den wunderbaren Park.

Als einer der interessanten und zugleich welthaltigen rheinischen Künstler habe ich Max Ernst früher schon wahr genommen. Eines seiner spektakulärsten Bilder ist wahrscheinlich Maria wie sie das Jesuskind züchtigt, zu sehen im Kölner Wallraf-Museum.
Es ist sehr schön, einen Künstler, der solche Wagnisse eingeht, in einem so singulären und gar nicht provinziellen Museum gewürdigt zu sehen. Was mir bei diesem Besuch auffiel, war wieder einmal die ungeheure Produktivität und Vielfältigkeit eines Künstlers, der es zu seinem größten Lebensziel erachtet hat, sich nie gefunden zu haben.

Seine Bildwelten sind gewiss abgefahren - aber wir können jederzeit genug Indizien dafür herbei schleppen, dass unsere ganze Welt 'abgefahren' ist. Wie bei vielen außerordentlichen Künstlern beeindruckt mich der Mut, mit dem eine ganz eigene Formensprache 'gesetzt' wird.

Besonders gefallen haben mir diesmal die D-Paintings - Geburtstags- und Liebesgeschenke in Form von Bildern an seine Frau, die amerikanische Künstlerin Dorothea Tanning. Max Ernst brachte jedes Mal ein D auf den zumeist kleinformatigen Bildern unter. Begonnen hat er mit diesen Liebesgaben während seiner Emigrationszeit in den USA. Über mehr als zwei Jahrzehnte andauernd ist es eine menschlich und künstlerisch bewegende Rarität.

By the way: Demnächst ist Valentinstag!

Interview mit Wolfgang Joop

Im Kölner Stadtanzeiger ist ein kurzes Interview mit Wolfgang Joop erschienen: Mode und Kunst müssen irritieren.
Dazu gehört (in der gedruckten Ausgabe) ein Bericht über die Berliner 'Mercedes-Benz Fashion Week' unter dem vielsagenden Titel Warum so finster?>Hier

6
Feb
2009

Künstlerpaare

Im Kölner Wallraf-Museum findet zurzeit (und nur noch bis 8. 2.) die Ausstellung 'Künstlerpaare' statt. 13 Männer und 13 Frauen, die im Bereich der Bildenden Kunst / Malerei zusammen arbeiteten und lebten, werden vorgestellt. Von Camille Claudel & Auguste Rodin über Gabriele Münter & Wassily Kandinsky bis zu Niki de Saint Phalle & Jean Tinguely.

Die Ausstellung war sehr gut besucht. Der Frauenanteil mochte bei etwa 80 % liegen - ein Hinweis darauf, dass die künstlerischen Arbeiten von Frauen bisher in Museen nach wie vor nur vereinzelt vorkommen und, wenn sie doch präsentiert werden, auch die entsprechende Aufmerksamkeit erregen.

Mir ist allerdings noch eine Erklärung eingefallen: Gerade Frauen (scusi!) romantisieren gerne mit der Vorstellung einer kreativen, künstlerischen Zusammenarbeit. Dagegen hält die Realität, halten die Biografien der Beteiligten die üblichen menschlichen Beziehungskatastrophen bereit: Betrug, Eifersucht, Abhängigkeit (der Schülerin vom älteren Lehrer, des Künstlers von der reichen Mäzenin). Gleichwohl hat mich überrascht, dass die Künstlerpaare in der Regel nicht wirklich zusammen arbeiteten, sondern quasi nur nebeneinander. Es gibt relativ wenige Beispiele gemeinsamer Bilder / Projekte (z.B. von Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp oder der Figurenbrunnen von Jean Tinguely & Niki de Saint Phalle am Pariser Centre Pompidou).

Viele der Bilder und Objekte sind relativ unbekannt. Sodass überraschende Entdeckungen möglich sind: z.B. ein Textobjekt von Frieda Kahlo zu Johanna von Orleons, das mir gut gefallen hat. Probleme hatte (nicht nur) ich mit der Ausleuchtung einiger Bilder und Objekte: die Lichtstrahler waren zu direkt und damit zu grell.

2
Feb
2009

Der Himmel stürzt ein

In meinem Lieblingscafé am Römerpark wollte ich eigentlich zwei Stunden arbeiten. Am Notebook, wie ich es gewohnt bin. Diesmal jedoch wird im oberen Geschoss irgendetwas mit dem Vorschlaghammer traktiert. Und da ich bekanntlich (analog zu den tapferen Galliern) nichts fürchte - außer: der Himmel stürzt ein - habe ich beschlossen, abzubrechen und morgen erst mal zu schauen, wie das so mit dem Himmel gewesen ist...

1
Feb
2009

Sei doch einfach still!

In Köln läuft zurzeit die schlechteste Talk-Show Deutschlands. Sie wird von Center TV gesendet und von Konstantin Neven DuMont moderiert (falls man das so nennen kann). Ich habe diesen Krampf jetzt zwei- oder dreimal am Rande (mehr hält man nicht aus) mitbekommen und weiß nach wie vor nicht, was eigentlich ausschlaggebender ist: die Inkompetenz des fürchterlich banalen Erben eines linksliberalen Verlagshauses oder die gnadenlose Simplizität, mit der ein hölzern agierender Spross einer superreichen, einflussreichen Familie dort agiert.

Vielleicht sollte einem der junge Mann auch leid tun und stattdessen seinen Zorn auf die Claqueure im Publikum dieser 'Talkshow' ('Quo vadis Colonia?') richten: in Maßanzügen und Seidenkrawatten aufgereiht lassen sie jede Banalität und die Eitelkeiten des Moderators durchgehen, der in jedem zweiten Satz von sich selbst und seinen Erfahrungen mit den Unterprivilegierten, Nichtassimilierten, Politikfernen und sonstwie Benachteiligten spricht.

Heinrich Böll hätte zweifellos eine Satire wie 'Doktor Murkes gesammeltes Schweigen' daraus gemacht. Gibt es im angeblich so aufmüpfigen Köln niemanden in seiner Umgebung, der Konstantin Neven DuMont zu sagen wagt, dass er kein Talent zur öffentlichen Selbstdarstellung hat? Wie heißt es in Szabós Verfilmung von Klaus Manns Mephisto-Roman in Bezug auf gesteigerte Eitelkeit: "Sei doch einfach still!" Ist da kein hoch bezahlter Berater, der dergleichen nahe legte?

28
Jan
2009

Bossa Nova

Ich war heute in einem Semesterabschlusskonzert der Jazz- und Popabteilung der Kölner Musikhochschule. Fand einmal außerhalb der Hochschule statt, im Konzertkeller des Arttheater, gelegen im Multikulti-Stadtteil Ehrenfeld. Neues, junges Publikum. Zumindest erhoffte man sich das.

Ich musste mir einen Stempel auf meine Haut drücken lassen, einen Sitzplatz auf einer Bank ohne Lehne akzeptieren (immerhin eine kalte Ziegelwand im Rücken), und zwei junge Frauen rechts und links, die mir immer näher rückten (allerdings nur, weil es immer voller wurde, ständig stieß man an fremde Füße, wie in der Tanzschule).

Ich hörte mir bis zur Pause drei Acts an: zweimal Modern Jazz in Eigenkompositionen (gar nicht schlecht) und dann eine Brasil Combo, deren vier Stücke mir von Act zu Act besser gefielen. Die Gruppe Bossa Nova, mit einer Sängerin, die immer mehr Stimme, und mit einer Besetzung, die immer mehr Schwung entfaltete. Rings um mich wippende Füße und nickende Köpfe. Viele junge Gesichter. Schöner Abend.
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Erzählen

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:::::::::::::::::::::::::::::::: Jochen Langer lebt und arbeitet als Autor in Köln. Er war als Dozent für die 'Grundlagen des Erzählens' zuständig und hat eine Vorliebe für Literaturaktionen. Zahlreiche Förderpreise und Auszeichnungen. www.jochenlanger.de ----- Seit 2009 Alltagsbetreuer für demenziell Erkrankte, Dozent an Fachseminaren der Altenpflege und Museumsführer für Demenzkranke. Gründung von dementia+art - ein Dienstleistungs-Unternehmen für 'Kulturelle Teilhabe bei demenziellen Erkrankungen und altersspezifischen Einschränkungen'. www.dementia-und-art.de

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_____________________ Meine Kommentare

Danke für deine Antwort,...
Danke für deine Antwort, Lady! Dass sie nie zusammen...
JochenLanger1 - 2. Apr, 23:14
Ich hätte ja gern gewusst,...
Ich hätte ja gern gewusst, wie du (und andere) das...
JochenLanger1 - 2. Apr, 17:00
Kaffeehaus-Essenz.
Auch ich habe Ihren Kommentar gerne gelesen, weil er...
JochenLanger1 - 31. Mär, 09:04
Die Reise des Helden
Nein, das ist nicht begriffsstutzig, sondern auch mein...
JochenLanger1 - 30. Mär, 21:29
Nicht für das oben beschriebene...
Nicht für das oben beschriebene Vorhaben. Ansonsten...
lamamma - 29. Mär, 23:12

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